Am 20.8.1907 gründeten 33 sportbegeisterte Bürger den Turnverein 1907
Oberndorf. Die 100jährige Geschichte des Turnvereins
zeigt, wie aus kleinsten Anfängen und primitiven Möglichkeiten durch
Pioniergeist, Einsatzbereitschaft, Idealismus und Verantwortungsbewußtsein
sich eine Gemeinschaft bildete, die heute eine anerkannte Stellung und sportliche
Bedeutung, nicht nur innerhalb der Stadt, sondern weit darüber hinaus, erreicht
hat. Wie überall, besonders in den Vereinen, gibt es Höhen und Tiefen,
die es zu meistern gilt. Deshalb gebührt unser heutiger Dank all den Mannen,
die durch Mut, Fleiß und mitunter hohem persönlichen und teilweise
auch mit finanziellem Einsatz und Treue ihre Verbundenheit zum Turnverein unter
Beweis stellten und somit den Fortbestand und den stetigen Aufbau sichergestellt
haben.
Kurz nach der Gründung trat der Turnverein dem damaligen Murgtalturngau bei.
Mit der Anschaffung von Turngeräten und unter Leitung des 1. Turnwarts Karl
Walz stellten sich auch bald achtbare Erfolge ein. Die turnerische Arbeit wurde
weiter betrieben, bis der 1. Weltkrieg 1914 alle Bemühungen unterbrach, da
alle aktiven Turner zu den Waffen gerufen wurden. Sieben Mitglieder mußten
ihr Leben lassen: Eduard Westermann, Josef Westemann, Karl Westermann, August
Wingender, Hermann Wingender, Johannes Wunsch, Wilhelm Wunsch. Ehre ihrem Andenken!
Am 4. Jan. 1919 wurden die Mitglieder erstmals nach dem Krieg zusammengerufen.
Sie beschlossen den Fortbestand des Turnvereins Oberndorf. Die erforderlichen
Neuwahlen brachten folgendes Ergebnis:
- 1. Vorstand Leopold Dony (späterer
Bürgermeister)
- 2. Vorstand Karl Walz
- Kassier Mathias Weber
- Schriftführer Emil Maier
- Turnwarte Josef Koch, Leopold Weber
- Vereinsdiener Karl Melcher
- Beiräte Wilhelm Wunsch, Raimund Wunsch,
Karl Hatz
Ab dem Jahre 1920 nahm der Verein neben dem Turnbetrieb das
Faustballspiel in sein sportliches Angebot mit auf. Von der Gemeinde wurde ein
Platz angewiesen, der mit viel Arbeit und Mühe in Eigenarbeit zu einem Spielfeld
hergerichtet wurde. Der Spielbetrieb wurde aufgenommen und bald darauf stellten
sich auch die ersten Erfolge ein. Die Erringung der Gaumeisterschaft, Spiel um
die badaische Meisterschaft, Gaumeisterschaft der Jugendmannschaft sind Zeugnis
der damaligen Spielstärke der Faustballmannnschaften. Die Anschaffung einer
Traditionsfahne verlangte vom Verein und seinen Mitgliedern einen finanziellen
Kraftakt, denn die Inflation machte sich stark bemerkbar.
Beim Gauturntag 1923 in Ottenau bekam der TV Oberndorf das Gaujugendturnen zugesprochen.
Dies sollte, verbunden mit der Fahnenweihe, zu einem besonderen Erlebnis für
den Verein und die ganze Gemeinde werden. Zu diesem Anlaß konnte der Verein
seinen vervollständigten Spielmannszug auftreten lassen. Trommler waren Simon
Mai und Karl Melcher. Querpfeife spielten: Wilhelm Westermann, Anton Westermann,
Wilhelm Orth und Albert Hörig. Die Inflation trieb ihrem Höhepunkt entgegen.
Die Bezahlung der Fahne und die Durchführung der Fahnenweihe mit dem Gaujugendturnfest
schien fast nicht mehr möglich. Diese Schwierigkeiten des Vereins konnten
durch die selbstlose Hilfe einiger Turnkameraden im letzten Augenblick behoben
werden. Ihre finanzielle Unterstützung ermöglichte es, die Fahne zu
beschaffen. Ein herzliches Dankeschön den Turnfreunden Theodor Krell, Leopold
Weber, Anton Westermann und nicht zuletzt dem damaligen Franz Streiling. Zur Verwendung
des Reingewinns in Höhe von 1.013.395,-- Mark wurde beschlossen, die beim
Fest errungenen Diplome einrahmen zu lassen, zu einem Stückpreis von 300.000,--
Mark. Der sportliche Erfolg dieses Festes war demzufolge höher einzuschätzen
als der finanzielle Gewinn, denn nach der Geldentwertung blieb dem Verein nur
noch ein Pfennigbetrag übrig.
Ab 1924 nahm der Turn- und Spielbetrieb wieder seinen gewohnten Verlauf. In den
nun folgenden Jahren stellten sich turnerische und spielerische Erfolge in den
verschiedenen Wettkampfklassen ein. Die wirtschaftliche Rezession und Inflation
jedoch führten dazu, daß angesichts der finanziellen Situation des
Vereins die Fahrtkosten zu den Meisterschaftsspielen von Seiten der Spieler selbst
bezahlt werden mußten.
Nach der Machtübernahme durch die NSDAP hatte auch der TVO nicht mehr soviel
Freiraum. Der Spiel- und Turnbetrieb war nicht mehr so gut besucht. Es gab Anordnungen
von höherer Warte aus, die sich auf die Vereinsarbeit auswirkten. Beim Landesturnfest
1935 in Karlsruhe erreichten die Turner eine sehr gute Plazierung, sie konnten
mit Eichenkranz und Diplom erfolgreich heimkehren. 1938 beim Deutschen Turnfest
in Breslau war der Verein mit 2 Aktiven vertreten. 1939 war der TVO bei Landesturnfest
Mannheim ebenfalls vertreten. Die Aktivitäten nahmen einen erfolg-reichen
Verlauf, bis mit der Mobilmachung im August 1939 der Turnbetrieb zum Erliegen
kam. Fast alle Turner, Leichtathleten und Faustballer wurden zu den Waffen gerufen.
Zehn tapfere Soldaten aus den Reihen des TVO sind im Krieg gefallen, zehn weitere
gelten als vermißt.
Gefallen sind:
- Willi Dreher
- Sebastian Krell
- Rudi Hafner
- Otto Mai
- Otto
- Willi Herm
- Hermann Wingender
- Alfred Himmel
- Oskar Wunsch
- Eugen Krell
- Wilhelm Wunsch
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Vermißt sind:
- Philipp Brecht
- Karl Walz
- Karl Hatz jun
- Wilhelm Westermann
- Anton Hörig
- Alfred Wolf
- Karl Hörig
- Anton Wolf
- Otto Maier
- Karl Wunsch
|
Sie haben in Pflicht und Treue ihr Leben für das Vaterland hingegeben. Möge
ihr Opfer nicht umsonst gewesen sein. Nach Beendigung des 2. Weltkrieges erließen
die Siegermächte ein Verbot der Turnvereine, das Vermögen wurde eingezogen.
Doch jede Epoche findet ein Ende. 1948 am 28. November haben die Besatzungsmächte
das Turnverbot aufgehoben. Der Turngau Mittelbaden-Murgtal erlebte seine Wiedergründung.
Es kam am 17. August 1949 zur Wiedergründungsversammlung des TVO. Der Trainingsbetrieb
wurde wieder aufgenommen. An den Gauveranstaltungen wurde regelmäßig
teilgenommen. Mit großen Anstrengungen wurden 2 Übungsleiter gefunden,
beide vom TV Gaggenau- Das gab eine Aufwärtsentwicklung innerhalb des Turnbetriebs,
vor allem deshalb, weil erstmals Mädchenturnen angeboten werden konnte.
Man war sich der Entwicklung bewußt, denn 1957 waren 2 herausragende Begebenheiten
zu bewältigen. Zum einem wollte man zum Landesturnfest in Mannheim mit einer
stabilen Turnmannschaft in die Wettkämpfe gehen, und zum anderen feierte
der TVO vom 31.8. - 2.9.57 sein 50jähriges Vereinsjubiläum, welches
mit dem Gaualtersturnfest verbunden war. Für den damals relativ kleinen Verein
2 Herausforderungen von bedeutendem Ausmaß, welche auch durch die Mithilfe
der Vereinsfamilie und der ganzen Bevölkerung gemeistert wurden. In dieser
Zeit war mit dem Verlust des bisherigen Turn- und Spielplatzes durch den Bau der
B 462 eine herbe Zeit vor allem für die Faustballer angebrochen und es mußte
schnellstens für einen neuen Sportplatz gesorgt werden. Nach langwierigen
Verhandlungen mit den betroffenen Grundstückseigentümern und der Gemeindeverwaltung
und trotz sofortigem Arbeitsbeginn konnte der neue Platz zum 50 Jubiläumsfest
nicht fertig gestellt werden.
In der nun folgenden Zeit kam der Turnbetrieb nahezu zum Erliegen. Es mangelte
an Übungsleitern und vor allem an geeignetem Turnraum. Einige der Jugendturner
besuchten die Übungsstunden beim TV Kuppenheim. Der Verein bemühte sich,
die nun nicht mehr im Betrieb befindliche Dreschhalle in Eigenarbeit für
den Turnbetrieb auszubauen, was jedoch vom Gemeinderat abgelehnt wurde. Das war
sicher ein depremierender Bescheid. Auch der Wiederaufbau einer bei der Fa. Daimler
Benz erstandenen Holzhalle fand kein Gehör. So kam es, daß von 1960
- 1963 kein Turnbetrieb wegen fehlendem Turnraum stattfinden konnte. Nachdem nun
die Räumlichkeiten im ehemaligen Oberndorfer Kindergarten leer standen, bemühte
sich der Verein, dieselben für den Turnbetrieb nutzen zu können, was
auch gelang. Wegen der zu geringen Höhe konnte kein Geräteturnen durchgeführt
werden. Trotzdem wurden von nun an die Gauschülerturnfeste regelmäßig
besucht und es wurden erstaunliche Erfolge erturnt.
Ein denkwürdiger Tag in der Geschichte Oberndorf und damit auch für
den TVO ist ohne Zweifel der 28. März 1969. An diesem Freitag Nachmittag
wurde die neue Grundschule mit Turnhalle eingeweiht. Endlich hatten alle bisherigen
Provisorien ein Ende und es stand eine Turnhalle für einen geregelten Turnbetrieb
zur Verfügung, was den Verein einen mächtigen Aufschwung in der Turnsache
bescherte. Daß die Halle in dieser Größe gebaut wurde, ist den
Bemühungen des TVO zu verdanken, geplant war ein Gymnastikraum von 8 m x
12 m.
Nach der Eingemeindung nach Kuppenheim und dem Bau der dortigen Großsporthalle
im Jahre 1975 fanden auch die Faustballer eine geeignete Trainings- und Spielstätte
und das leidige Bitten bei Nachbarvereinen, in der Halle trainieren zu können,
hatte ein Ende. Der Faustballsport nahm einen enormen Aufschwung. Neben dem Faustballspiel
hat auch das Turnen - männlich und weiblich - an Attraktivität gewonnen.
Mit 2 auf turnerischem Gebiet sehr erfahrenen Übungsleitern konnte das Leistungsturnen
zu einem hohen Niveau geführt werden. Durch viel Fleiß und einem kontinuierlichen
Trainingsbetrieb brachten sie einige Kunstturner auf Bundesligaqualität.
Unsere Kunstturner erturnen sich im Turngau Mittelbaden-Murgtal immer die vorderen
Plätze.
Die Verantwortlichen des TVO sind sich bewußt, daß es das Bestreben
sein muß, denjenigen, die auf sportliche Leistung ziele, genau so Rechnung
zu tragen wie denjenigen, die aus sportlichem Empfinden oder gesundheitlichen
Aspekten zu den Trainingsstunden kommen. Es muß auch das Bestreben aller
sein, das gegenwärtige Erreichte zu halten und zu fördern, das sportliche
Angebot immer wieder mit neuem Leben zu erfüllen. Wenn dieses alles gelingt,
und da sind wir zuversichtlich, kann es um die Zukunft des TVO nicht schlecht
bestellt sein.
Mit diesen Aufzeichnungen aus der Chronik des TVO glaubt der Verfasser, dem verehrten
Leser einen Überblick von den Geschehnissen innerhalb des Vereins in den
vergangenen 100 Jahren aufgezeigt zu haben. Dem Verfasser dienten als Informationsquellen
die drei Schriftführerbücher des Vereins. Er hat die nach seiner Auffassung
wichtigsten Begebenheiten des Vereinsgeschehens aufgezeichnet., ohne bewußte
Tendenzen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.